Mit Wissenschaft kühl durch den Sommer

Ok, das Thema Sonnenschutz haben wir uns bereits angeguckt. Was brauchen wir also noch um durch den heißen Sommer 2018 zu kommen ?

Ein Szenario, dass glaube ich Vielen nicht unbekannt sein wird: Wir haben uns trotz hochsommerlichen 32°C mehr oder minder erfolgreich durch den Arbeitstag gerettet, jetzt lechzen Gemüt und Kehle nach einem kühlen Trunk zum Feierabend… Also ab nach Draussen an die frische Luft. Schlecht nur, wenn man vergaß das Feierabendbier rechtzeitig in die Kühlung zu legen. Ein weiteres Problem: Wie bleibt der Nachschub an köstliche Gerstensaft angenehm kühl, wenn man mit ihm fernab des Eisschranks auf der Wiese sitzt ?

Kaltes Getränk mit Hilfe der Wissenschaft und kalten Putzlappen

Und auch hier zahlt sich ein gutes Quantum an naturwissenschaftlichen Kenntnissen aus: Man benötigt nur ein Stück saugfähiges Textil und Wasser um selbiges gut zu durchfeuchten. Man packt die Getränkeflasche nun in den triefend nassen Lappen und stellt sie an einen luftigen und trockenen Ort. Nun muß man eine Weile warten, während sich das Getränk auf nahezu magisch anmutende Weise abkühlt.

Verdunstungskälte heißt das Zauberwort ! Denn auch bei 30 °C verdunstet eine gewisse Menge Wasser, vorausgesetzt, die Luftfeuchtigkeit liegt unter 100 %. Je trockener, desto besser.

So zumindest die Theorie. Aber wie heißt es so schön: Versuch macht klug. Also habe ich mir aus einer leeren 500 mL Flasche einer beliebten Hipsterbrause, die ich mit Wasser gefüllt habe und einem Laborthermometer eine Testapparatur gebastelt. Das Ganze noch schnell in ein nasses Küchenhandtuch wickeln und schon startet der Kühlversuch.

Auch wenn die Kühlwirkung relativ verhalten zu Tage tritt, kann man doch nicht leugnen, dass die Methode funktioniert. Innerhalb von 2 Stunden pendelte sich die Temperatur in der Flasche von ursprünglich 29 °C bei knapp unter 23 °C ein. Das Wasser ist zwar nicht „Kühlschrank-kalt“ aber um Einiges erfrischender geworden. Sicherlich lässt sich der Verdunstungseffekt noch weiter forcieren, wenn man einen Ventilator neben die Versuchsanordnung stellt, der die feuchte Luft wegpustet und frische trockene Luft nachführt.

Wasserkühler auf spanische Art

Dabei ist diese improvisierte Form der Getränkekühlung keine neue Errungenschaft der neuzeitlichen Camping- und Grillbewegung, bei welcher sie recht populär ist. Wie mir der Kollege François beim Mittagessen erzählte, findet man eine Art Urform davon in Andalusien: den Botijo.

Der Botijo – ein traditioneller spanischer Wasserkühler

Dabei handelt es sich um einen bauchigen Krug aus gebranntem, porösen Ton mit einer oder mehreren Trinkstutzen. Das enthaltene Wasser dringt durch die Poren langsam nach außen und verdunstet dort an der sehr trockenen, heißen Luft (die ja im mediterranen Klima Andalusiens reichlich vorhanden ist) und kühlt dadurch den restlichen Inhalt des Krugs. Das funktioniert wie gesagt im staubtrockenen Andalusien sehr gut, in z.B. Panama allerdings, welches in der doch recht feuchten Monsun-Zone liegt, weniger gut, so der Kollege F. Und auch in Spanien, genauer gesagt an der Universidad Politécnica de Madrid, gibt es Wissenschaftler, welche die Funktionionsweise des Botijo genügend fasziniert hat, um die Leistungsfähigkeit dieses traditionsreichen Verdunstungskühlers zu untersuchen.

Unter kontrollierten Laborbedingungen wurde der Botijo mit 3.16 kg Wasser (T=39°C) gefüllt und (um gleichmäßige Temperaturen zu gewährleisten) in einen 39 °C warmen Ofen gestellt (simulierter andalusischer Sommer). Dabei wurde die Wassertemperatur, meiner Softdrinkflasche nicht unähnlich, mit einem Thermometer verfolgt und in regelmäßigen Intervallen der Wasserverlust mittels einer Waage kontrolliert. Das recht interessante Ergebnis: Nach 7 Stunden waren zwar 400 g Wasser (fast ein halber Liter) weniger im Krug, aber das Wasser hatte sich um 15 °C auf 24 °C abgekühlt.

Natürlich ist der Krug irgendwann leer, wenn man ihn zu lange stehen lässt. Aber in einem 39 °C warmen Sommer, wird das Wasser eh vorher getrunken, bevor es komplett verdunstet. Der Vorteil des kontinuierlichen Wasserschwunds ist aber auch eine kontinuierliche Kühlleistung, während mein feuchter Lappen deutlich schneller versagen würde, weil er entsprechend schneller austrocknet. Wer sich selber wissenschaftlich mit dem Botijo befassen möchte, kann dies anhand der folgenden Differentialgleichungen tun:

Dieser Tonkrug erfreut sich auch heute noch einer gewissen Beliebtheit in Spanien, überall da, wo ein kühles Getränk abseits entsprechender Infrastruktur gefragt ist. Ein Verwandter des Botijo findet man zuweilen auch in hiesigen Gefilden auf Mittelaltermärkten in Form von Bierkrügen aus Ton, die das enthaltene Getränk (das aber am Besten bereits vor dem Einfüllen gekühlt wurde) kühl halten, wenn der Krug sich vorher mit Wasser vollsaugen konnte.

Immer schön aufpassen, dass man in der Hitze nicht wegschmilzt

Hightech Kühlung aus Bayern

Während der Botijo einfach, aber genial ist, findet sich am anderen Ende der Hightech-Skala eine ausgefuchste (aber deutlich komplexere) Erfindung aus Bayern. Und in Bayern trinkt man natürlich nicht Wasser, sondern Bier. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Münchner Physiker Peter Maier-Laxhuber als er sich entschloss die Erkenntnisse aus seiner Doktorarbeit mit dem Titel „Sorptionswärmepumpen und Sorptionsspeicher mit dem Stoffpaar Zeolith – H2O“ zu kommerzialisieren, auch ein selbstkühlendes Bierfass entwickelte.

Bei dieser raffinierten Erfindung ist der eigentliche Bierbehälter (A) von zwei konzentrischen Kammern (B, C) umgeben. Die innere enthält ein saugfähiges Material, das mit Wasser durchtränkt ist. Die äußere Kammer (C) ist mit einem Zeolith (alias Molekularsieb) gefüllt, einem Material, welches aufgrund seiner Poren in Molekülgröße eine hohe Wasseraffinität besitzt. Beide Schichten stehen unter Unterdruck, um eine Verdampfung des Wassers in Kammer (B) zu erleichtern. Die Energie, die zum Verdampfen des Wassers notwendig ist, wird dem Bier in Kammer (A) in Form von Wärme entzogen.

Selfcoolbarrel
Durch öffnen eines Ventils kann nun das Wasser aus Kammer (B) in die Kammer (C) hinein verdampfen und wird dort durch den Zeolith gebunden. Dies ist wichtig, da der notwendige Unterdruck durch den entstehenden Wasserdampf aufgehoben werden würde und so letztendlich die Produktion von weiterem Wasserdampf, welche ja durch Verdunstungskälte unser Bier kühlt, zum Erliegen kommen würde. Der Kühleffekt ist sogar so groß, dass das Wasser in (B) gefrieren kann. Interessanter Nebeneffekt: Der Zeolith erwärmt sich, wenn er Wasser aufnimmt, so dass unser Faß mit kühlem Bier außen recht warm wird. Daher auch der Begriff Sorptionswärmepumpe, da sozusagen die Wärme aus dem Bier nach Außen „gepumpt“ wird.

Um dem Nachhaltigkeitsgedanken entsprechend Sorge zu tragen kann das Faß für einen späteren erneuten Einsatz regeneriert werden. Durch Erhitzen lässt sich das gebundene Wasser aus dem Zeolith wieder freisetzen.

Wer das Faß ausprobieren möchte kann ein solches u.A. von der Tucher Brauerei erwerben, die damit wirbt „jederzeit und überall [...] frisch gezapftes, kühles Tucher. Ohne Strom. Ohne Vorkühlen. In weniger als 45 Minuten.“

Aus heiß wird kalt – Feuer & Flamme für kühles Bier

Und für all diejenigen, die für einen zünftigen Showeffekt zu ihrem Getränk keine Kosten und Mühen scheuen, hier noch eine Variante, mit der man Getränke mittels Feuer kühlen kann.

Achtung – Wer Folgendes ausprobiert tut dies ausdrücklich auf eigene Gefahr. Der Autor übernimmt keine Verantwortung für etwaige (Feuer)schäden

Man benötigt einen Eimer voll Sand, in den die zu Kühlende Flasche eingegraben wird. Anschließend gießt man eine reichliche Portion Brennspiritus über den Sand und entzündet das Ganze. Der Kühlungseffekt soll nun dadurch eintreten, dass der Spiritus an der Oberfläche des Sandeimers abbrennt und weiterer Spiritus aus dem Sand hochgesaugt wird (eine Art Dochteffekt). Die dabei auftretende Verdunstungskälte tut ihr Übriges. Ob das Ganze funktioniert ? Keine Ahnung, aus brandschutztechnischen Gründen habe ich auf ein Experiment verzichtet. Sollte der geneigte Leser sich dazu entschließen dieses Experiment selbst zu probieren, so tut er dies auf eigene Gefahr und hoffentlich fernab von brennbarem Material.

Welche Methode auch immer man letztendlich wählt: Immer genug trinken und einen kühlen Kopf bewahren !

Zauberwasser

Wenn man einen chemischen Laien befragt, dann kennt er auf alle Fälle eine chemische Formel. Nämlich die von Wasser, H2O. Ist auch ein wichtiges Molekül, denn ohne es läuft in der Natur nichts, auch beim Menschen nicht, der immerhin zu über 70 % aus Wasser besteht. Auch zum Geld verdienen taugt das Wasser. Nun gut, Mineralwasser aus dem Lebensmitteldiscount gibt es schon für 13 ct je Liter, also nichts mit dem man schnell reich wird. Spannend wird es erst wenn man dieses simple Produkt mit Hilfe moderner Wissenschaft etwas aufmöbelt.

wass

Nehmen wir z.B. das ominöse Penta Water. Dabei handelt es sich um eine Art hightech Trinkwasser, das 2003 ein Verkaufsschlager in US-amerikanischen Reformhäusern (ja, sowas gibt’s offenbar wirklich) war. Was ist also das Besondere an diesem Wasser ?

Penta Water is ultra purified, energized water that not only fully hydrates, but may also help increase antioxidant activity in your body

www.pentawater.com – What is Penta ?

Also erst mal supersauberes Wasser. So sauber, dass nicht mal die üblichen Mineralien aus Mineralwasser wie z.B. Magnesium, Calcium, Chlorid oder Sulfat dort enthalten sind. Ok, soweit noch nix besonderes. Schließlich kann man Reinstwasser auch aus dem gut sortierten Chemikalienfachhandel beziehen. Allerdings… Was soll daran jetzt gesund sein ? Sind die Mineralien im Wasser nicht eigentlich das Gesunde ?

Die ausschließliche Verwendung von destilliertem Wasser kann bei einer einseitigen Ernährung zu einer Verarmung des Körpers mit Elektrolyten führen

http://de.wikipedia.org/wiki/Destilliertes_Wasser

“Besonders” wird dieses Wasser erst durch einen zweite Eigenschaft: Es ist energetisiert ! Ah ja… Der Hersteller nimmt also dieses supersaubere Wasser und ultraschalliert es 11 Stunden lang mit der Konsequenz, dass große Aggregate (Ansammlungen, Cluster) von Wasser in kleine Fünfereinheiten zerkleinert werden.

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Dadurch bekommt dieses Zauberwasser laut Aussage seines Herstellers eine Reihe fabelhafter Eigenschaften, allem voran seine antioxidativen Eigenschaften und seine Fähigkeit den Organismus besser zu hydratisieren. Gerade letzteres ist ja offenbar ideal für Sportler.

Through word-of mouth, Penta Water also developed a reputation in amateur and professional athletic circles for being water that provided faster, more complete hydration, and improved endurance during competition.[…]

Penta Water helps its drinkers be and stay active, alert and healthy.

www.pentawater.com

Es erhält den Konsumenten aktiv und gesund ? Das tut mein Mineralwasser auch, denn wer nicht trinkt, der macht eher früher als später schlapp. Insgesamt eine eher windige, etwas esoterisch anmutende Angelegenheit. Fehlt eigentlich nur die Aussage: Unser Wasser ist nasser als alle anderen.

imageWer es probieren möchte muss dafür nicht in die USA reisen… Denn auch in good old Europe gibt es sowas, wenn auch nicht so “wissenschaftlich” untermauert. Bei uns heisst es belebtes levitiertes, vitalisiertes oder informiertes Wasser. Auch hier wird durch einen geheimnisvollen Prozess das Wasser in “einen Zustand höherer Ordnung” versetzt. Das ganze mit Hilfe von sog. Naturenergie. Hier horcht der Naturwissenschaftler auf, denn schließlich gibts keine unnatürliche Energie. Das beste dabei ist, es funktioniert ohne Strom und chemische Zusätze zuhause mit einem kleinen Gerät, das man in seine Wasserleitung einbauen kann. Oder auch tragbar in Form eines Belebungsstab, falls man unterwegs sein Teewasser energetisieren will. Und auch dieses Wasser kann eine Menge, z.B. im Lebensmittelsektor beim Backen von Brot oder aber dem Bierbrauen:

Teig wird geschmeidiger und luftiger, Reduktion von Backmittel, längere Frische und Haltbarkeit[…]

feinblasigere Kohlensäure, intensiverer Geschmack der Zutaten […]

Quelle

Besonders die feinblasige Kohlensäure klingt lecker erfrischend…

Das Beste zum Schluss: Dieses Wasser ist tatsächlich nasser. Denn es soll angeblich eine geringere Oberflächenspannung haben, ergo Gegenstände besser benetzen können. Resultat bessere Waschergebnisse dank “verstärkte[r] Selbstreinigungskraft und erhöhte[r] Lösungskraft”. Warum gibts sowas nicht für’s Labor ? Da lässt sich doch sicher 1a Chemie drin machen. Andereseits… Wir Naturwissenschaftler glauben ja nicht an Wunder, die man nicht nachweisen kann:

Dem Wissenschaftler genügt die nackte Wahrheit nicht, er will auch ihr Röntgenbild sehen.

— H.-J. Quadbeck-Seeger, dt. Chemiker

 

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Bildquelle: Wikipedia, Stichwort Belebtes Wasser